Bergbaugeschichte rund um Stockheim

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"Eine Gesellschaft die ihre Vergangenheit nicht kennt, deren Zukunft ist in Gefahr" (Richard von Weizsäcker)

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Die Beschaffenheit des „Stockheimer Beckens"

Der Direktor des Deutschen Bergbaumuseums in Bochum,
Dr. Rainer Slotta, schreibt:
„Bei Stockheim in Oberfranken ist den Schichten des Unteren Rotliegenden um den Spitzberg herum ein Steinkohlenflöz eingelagert, das über 212 Jahre hindurch bergmännisch abgebaut worden ist. Das Flöz geht etwa von Traindorf aus, verläuft dann nach Süden und Südosten, biegt scharf um die Südspitze des Spitzberges und wendet sich dann nach Nordosten; im Osten wird das Flöz durch eine nordsüdlich verlaufende Störung abgeschnitten.
Jenseits des Haßlachtales tritt in der Nähe der Ortschaft Reitsch ein weiteres Kohlenflöz in ähnlichem Ge­birgsverband auf; dort bauten die Büttnerzeche bzw. die Grube König-Ludwig-Zeche. Im Liegenden des Stockheimer Kohlenflözes traten rote porphyrische Trümmergesteine und verschiedengefärbte Tonsteine auf, wobei vor allem letztere als das unmittelbare Liegende charakteristisch waren. Im Hangenden des Flözes folgte ein grauer Schieferton, danach standen graue und rote Sandsteine sowie Konglomerate an. Das Flöz zeigte alle Merkmale einer allochthonen Entstehung, das heißt das Pflanzenmaterial, aus dem sich die Kohle gebildet hat, war nicht am Ort der Ablagerung entstanden, sondern durch Wasserbewegungen in eine Art Sumpfsee hineingeschwemmt worden. So handelte es sich wohl um eine Kohle, die aus Faul­schlamm mit einem hohen Anteil anorganischer Einschwemmungen entstanden war und auch sekundäre Mineralisation zeigte (z. B. Verkieselungen und Karbonatisierung neben metallsulfidischen Beimengungen. Lokal fanden sich auch Urananreicherungen in Form von Thucholith.
Bei der Stockheimer Steinkohle handelte es sich um eine sehr stark backende Kohle von 4000-6500 WE. Aus dieser hohen Backfähigkeit und dem hohen Ascheanteil ergaben sich Absatzschwierigkeiten, doch muß auch festgestellt werden, daß die Stockheimer Förderung offenbar während der gesamten Zeit der Förderung immer abgesetzt worden ist.
Die Stockheimer Kohle ist vorwiegend eine vitritische Steinkohle und weist als solche einen hohen Treib­druck von 1,9 kg/cm2 auf. Dem Inkohlungsgrad nach ist sie eine untere Gaskohle. Die Aschegehalte sind Schwankungen unterworfen: Im günstigsten Fall der sogenannten Schmiedekohle, lagen die Ascheanteile bei ca. 4 — 10 %, bei der gewöhnlichen Förderkohle indessen bei über 10 %, während im Restabbau sogar Kohlen mit über 30 % Ascheanteilen gefördert worden sind.
Die mittlere Mächtigkeit des ungestörten Flözes lag etwa 2 m, doch war es häufig verdrückt bzw. im Stö­rungsbereich auch angestaut, so daß Mächtigkeiten bis zu 30 m (!) erreicht werden konnten. Bei normaler Lagerung fiel das Flöz mit 16 — 20° nach Westsüdwesten ein; das Einfallen konnte im Osten indessen ma­ximal 50 — 55 ° betragen. "


Dr. Heinz Ziehr, Bonn, berichtet.
Zur Geologie der Steinkohlenlagerstätte von Stockheim
„Das Rotliegend-Becken von Neuhaus-Stockheim mit der Steinkohlenlagerstätte liegt im Bereich des Ost­thüringischen Schiefergebirges im Frankenwald. Ähnliche Steinkohlenvorkommen treten in Thüringen bei Manebach, Crock und Goldlauter, im Harz bei Ilfeld und bei Dresden im Döhlener Becken (Freital) auf. Sie liegen alle im Bereich der permo-karbonischen Sedimentbecken. Das Rotliegende bei Stockheim ist durch zwei NW-SE streichende Störungen in drei Teilbecken zerlegt. Im Neuhauser Becken im Westen tritt ein Kohlenflöz auf, es streicht nach SSE, biegt dann südlich von Stockheim um und streicht im Reitscher Becken nach NE. Dieses, mehrere Meter mächtige Hauptflöz, streicht bis übertage aus und konnte so leicht gefunden und aufgeschürft werden. Die Flözstufe mit dem Hauptflöz gehört zum Unteren Rotliegenden. Darüber folgen das Mittlere und das Obere Rotliegende. Die ganze Schichtserie ist ca. 800 bis 900 m mäch­tig. Sie beginnt mit Porphyrgesteinen im Liegenden, die diskordant über Kulmgrauwacken des Unterkar­bon lagern. Darüber folgen die Flözschichten, Schiefertone und eine Kalkbank, die ca. 150 m mächtig das Untere Rotliegende bilden.
Die Flözschichten enthalten spärliche Pflanzenreste, Fischzähne und Fischschuppen; sehr selten wurden Insekten gefunden (HERRMANN 1958). Das Kohleflöz ist durch eine sehr unregelmäßige Ausbildung und Lagerung charakterisiert. Durch posttektonische Bewegungen ist es lokal gestaucht, an anderen Stellen tre­ten Flözverdrückungen und Vertaubungen auf. Die Flözmächtigkeiten schwanken daher sehr stark, sie variieren zwischen 0,5 und 20 m. Die mittleren Mächtigkeiten liegen je nach Teufe zwischen 2 und 5 m. Die Stockheimer Kohle enthält rd. 72 Wo Vitrit, 2,1 Wo Fusit und 0,5 Wo Clarit (LEUTWEIN & RÖSLER 1956). Nach anderen Untersuchungen liegt der Claritgehalt bei 10 Wo. Der Inkohlungsgrad entspricht der unteren Gaskohle. Die Heizwerte schwanken zwischen 4500 und 8000 cal./kg. Die Aschegehalte liegen zwischen 10 und 30% und die Schwefelgehalte bei 2,5 Wo.

Eine Besonderheit ist das Auftreten von Uran in der Flözzone im Rotliegenden von Stockheim (ZIEHR 1955, 1958). Das Nebengestein enthält U-Gehalte unter 100 g/t; in der Kohle wurden sehr sporadisch Ge­halte unter 400 g/t nachgewiesen. Die höchsten Urangehalte treten in einer 2 — 6 m breiten Störungszone im Flözbereich auf, sie liegen im Mittel zwischen 0,1 und 0,2 % U g/t. Einzelproben enthalten über 10 % U g/t. Mit Uran treten Bleiglanz, Zinkblende, Pyrit und Arsensulfide auf. Es wurden außerdem sekundäre U-Mineralien festgestellt (JAKOB 1980). Die Anreicherung des Urans und der Sulfide erfolgte entspre­chend dem Alter der Störung im Tertiär (?). Mineralogische, geochemische und aufbereitungstechnische Untersuchungen erfolgten durch Institute der TU Berlin (JAKOB 1983), der Universität Oldenburg und der TU Clausthal-Zellerfeld.

 

Privatdozent Dr. Harald Dill,
Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Hannover, berichtet im Geologischen Jahrbuch 1988:
„Das Stockheimer Rotliegendbecken, das nördlichste bayerische über Tage anstehende Rotliegendvorkommen, ist bekannt durch seine Steinkohleflöze, die bis Ende der 60er Jahre abgebaut und Anfang der 70er Jahre noch auf ihre Uranführung hin untersucht wurden. Die klastischen und vulkanoklastischen Rot- und Grausedimente zeigen in ihrer faziellen Differenzierung die wechselvolle Geschichte eines konti­nentalen Permbeckens auf. Besonders in den älteren Sedimenten spiegelt sich das Einbruchsgeschehen ei­ner vulkanischen Depression wider (Calderabildung i. w. S.), das sich mit dem einer Playaentwicklung verzahnt. In den obersten Teilen des Rotliegenden machen sich die ersten marinen Ingressionen des Zechsteins in Form einer brackischen, mehr küstennahen Fazies bemerkbar. Ansonsten sind sedimentologisch keine marinen Einflüsse im Becken nachweisbar.
Über den unterkarbonen Flyschablagerungen der Teuschnitzer Schichten, im unteren Rotliegenden, ent­wickelte sich ein pyroklastischer Schüttungsfächer mit Ascheströmen („Ignimbrit"), die zum Hangenden hin in vulkanische Schlammströme übergehen. In den Ablagerungen der distalen Schwemmebenen führte zusammengeschwemmtes organisches Material zur Entstehung von Kohleflözen. Kohleführung tritt ebenfalls in den darüberliegenden epiklastischen (vorwiegend aufgearbeitetes Material aus Vulkanbauten des Rotliegenden) Schüttungsfächern auf. In diesen Ablagerungen ist deutlich ein Übergang von Mursedimen-ten ( = „mass flows") zu Schuttströmen mit deutlicher Rinnenbildung ( = „stream flows") erkennbar. Die zwischengeschalteten feinkörnigen Ablagerungen enthalten Aschetuffablagerungen. Dies ist auch der Fall in den Sedimenten der hangenden Fazies. Über dieser Flözzone folgt ein lakustriner Karbonathorizont, der als eine Ringwallablagerung gedeutet wird.
Im mittleren Rotliegenden gibt es nur noch Rotsedimente. Während im Unterrotliegenden die Vulkanokla-sten eindeutig überwiegen, nehmen diese im Mittelrotliegenden sehr stark zugunsten von Abtragungsmaterial aus dem angrenzenden Paläozoikum ab. Im unteren Teil des Mittelrotliegenden, einer Silt-Ton-Playa, sind diese vulkanischen Einschaltungen als Folge einer Aufdomung im Zuge der ausklingenden Calderabildung noch vorhanden, während sie im Stadium der Salz-Ton-Playa nicht mehr wahrnehmbar sind. Die Calderaentwicklung klingt im Mittelrotliegenden aus.
Eine scharfe Zäsur ist nicht nur geologisch durch die Diskrodanz zwischen Mittel- und Oberrotliegendem gegeben, sondern auch im Lithoklasten- und Schwermineralspektrum feststellbar. Im Oberrotliegenden treten verstärkt Gneis- und Granitfragmente auf. Im Schwermineralspektrum überwiegt der Schörl, wäh­rend im Mittel- und Unterrotliegenden vor allem authigene Bildungen wie Dolomit und Baryt vorherr­schen. Das Liefergebiet für diese Sand(Ton-)ablagerungen weist auf einen tief abgetragenen Grundgebirgs-abschnitt der mitteleuropäischen Varisziden hin. Die Arenite zeigen eine gute Kornverrundung und wenig grobkörnige Einschaltungen. Es handelt sich wahrscheinlich um küstennahe Ablagerungen, in denen eine äolische Komponente nachweisbar ist. Marine Sedimente finden sich erst ab dem „Kupferschiefer" und damit ab Zechstein.
Aus erzlagerstättenkundlicher Sicht sind lediglich die grauen, kohlereichen Sedimente des Unterrotliegenden von Interesse. Neben dem Uran treten vor allem Pb, Cu, Zn und Fe-Sulfide auf, die an pflanzliche Reste gebunden sind. Baryt durchsetzt in feinvernetzten Gängchen und als Intergranularfüllung die groben Vulkanoklastite, er wird jedoch wie die Buntmetalle nirgends lagerstättenbildend. Anders verhält es sich mit der Steinkohle, die in den distalen Schwemmfächerablagerungen flözbildend ist. Im Mittelrotliegenden sind lediglich die roten Tone als mögliche Rohstoffe für Blähtonherstellung interessant. Die Sulfatanrei-cherungen liegen in zu geringen Mächtigkeiten vor, als daß sie wirtschaftsgeologisch von Wichtigkeit sein könnten. Das Oberrotliegende weist in diesem engbegrenzten Bereich aufgrund seiner sedimentologischen Eigenschaften gute Speichermöglichkeiten für Kohlenwasserstoffe auf. Fallen sind jedoch bisher nicht nachgewiesen worden. Cu-reiche Buntmetallerze finden sich erneut in der Kupferschieferlagune.
Die für diesen Raum durchgeführte Dreiteilung in Unter-, Mittel- und Oberrotliegendes sollte genetisch e­setzt werden durch eine Caldera- (vulkanisches Senkungsgebiet), Playa- und Küsten-Lagunenentwicklung".

 



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