Bergmann – unter Tage,
ich bewundere deinen Mut,
in den tiefen Schacht zu fahren,
wo es kein Tageslicht gibt.
Das schwarze Gold zu bergen,
in der Hoffnung
das dich „Sankt Barbara“ beschützt.
Doch nun ist es geschehen,
zwei Bergleute sind tot.
Ein Unglück war es,
nicht der Mensch.
Natur kann grausam sein,
SIE – fragt uns nicht.
Niemand konnte es vermeiden,
und der Schmerz sitzt tief.
Wir werden EUCH nicht vergessen,
Glückauf! – ein letzter Gruß.
Bericht : Gerd Fleischmann
Ergänzt durch Bildmaterial von Renate Müller (Tochter von Heinrich Welscher) und Kommentare zu den Bildern durch Webmaster).
Grafiken: Vitus Wagner
Auf dem Sportplatz "Maxschacht" tat sich die Erde auf
Am 28. März 1955 starben bei einem Grubenunglück in Stockheim zwei Bergmänner.
Nur wenige Meter neben dem Fußballtor des 1. FC Stockheim auf dem Maxschacht tat sich am 28. März 1955 plötzlich die Erde auf.
Einbruch am alten Fußballplatz (jetzt Schgegenüber Schutenhaus).
Schlimme Unglücke im Bergbau ereignen sich regelmäßig. Zu den Ursachen zählen vor allem Schlagwetter-, Kohlenstaub- und Sprengstoffexplosionen, Wassereinbrüche und Einstürze. Allein in China starben 2004 nach offiziellen Angaben über 6000 Bergleute bei Grubenunglücken.
Jüngstes Beispiel der Schreckensbilanz: die schwere Gasexplosion Anfang März in einer ostukrainischen Kohlengrube mit 32 Opfern. Auch im ehemaligen Stockheimer Kohlenrevier kam es immer wieder zu dramatischen Ereignissen.
Am 28. März 1955 wurde die Steinkohlenzeche St. Katharina in Stockheim von einem Bergwerksunglück heimgesucht, das damals in der Bundesrepublik Deutschland großes Aufsehen erregte. Auf dem Sportplatz "Maxschacht" tat sich urplötzlich die Erde auf. Ein 135 Meter tiefes Loch beendete jäh den Sportbetrieb des Fußballclubs 1. FC Stockheim.
Dumpfer Donnerschlag
Als an einem Montag in der 1800 Seelen zählenden Bergwerksgemeinde ein dumpfer, unheimlich wirkender Donnerschlag vernehmbar war, ahnte zunächst niemand, dass sich gerade in diesem Augenblick ein schreckliches Drama in den Tiefen der Erde abspielte, das zwei Menschenleben kostete.
Durch einen gewaltigen Luftdruck, verursacht durch einen Erdrutsch in der verfüllten Schachtanlage des Kohlenbergwerkes "Maxschacht", fanden die beiden Hauer Heinrich Welscher (34) und Georg Limmer (42) den Bergmannstod.
Tragödie in 251 Metern Tiefe
Die sorgte für großes Aufsehen, waren doch die Umstände, die zu diesem außergewöhnlichen Unglück führten, recht merkwürdig gewesen. Und doch hatte man in Stockheim noch großes Glück im Unglück gehabt.
An diesem Montag waren auf dem Sportplatz "Maxschacht", der nach 1920 auf der ehemaligen Berghalde der 1911 stillgelegten Zeche in mühevoller freiwilliger Arbeit angelegt worden war, gerade einige Fußballer des 1. FC Stockheim beim Training, als sich ganz unerwartet die Erde in Bewegung setzte und in die Tiefe absackte.
Instinktiv zur Seite gesprungen
Einer von den Sportlern fühlte plötzlich den Boden unter sich wanken. Instinktiv sprang er zur richtigen Seite. Sekunden später wäre er in die Tiefe gerissen worden. Ein 135 Meter tiefer Schlund tat sich nur wenige Meter vom Fußballtor entfernt auf, sechs Meter lang und fast drei Meter breit.
Nicht auszudenken, wenn das Unglück 27 Stunden eher passiert wäre. Gerade dort bei der Einbruchstelle am Fußballtor standen bei den Heimspielen stets zahlreiche FC-Anhänger.
Die Katastrophe kam urplötzlich. Gegen 18 Uhr arbeiteten sieben Kumpel unter der Aufsicht von Steiger Georg Förtsch aus Neukenroth in der 251 Meter tiefen Sohle - sie befand sich in der Nähe des Maxschachtes der Grube "Katharina".
Hier ein Originalbild der Schicht mit Georg Limmer und Heinrich Welscher (rechts auf dem Bild).
Brotzeit hat sechs Männer gerettet
An einer Ecke, von der aus ein steiles Gesenk nach oben führte, machten sie Brotzeit. Zwei von ihnen, Georg Limmer und Heinrich Welscher, wollten schnell noch einen Hunt (Kohlekarren) aus dem Stollen heraus schaffen. Ihre Pflichterfüllung wurde ihnen zum Verhängnis: Auf einmal raste eine Art Wirbelsturm durch die Schläge, alles mit sich reißend: Erde, Geröll, Kohlen, Grubenhölzer, Leitungen, Pumpen, Rohre, Karren und jede Menge Wasser.
Was war geschehen? Eine Säule aus Erde, Kies und Geröll stürzte in die Tiefe bis auf das Grundwasser des alten Schachtes. Der niedergehende Geröllberg des Schachts wirkte in dem Bergwerk wie der Kolben einer Riesenpumpe. Luft- und Wassermassen wurden mit ungeheurem Druck in die Stolle der Grube getrieben, alles wegreißend was ihnen in den Weg kam.
Bruch an der schwächsten Stelle
Durch die unheimliche Wucht brach im Max-Querschlag die schwächste Stelle - etwa elf Meter stark zwischen Flöz und Gestein durch. Dadurch wurden die Erdmassen in den neuen Querschlag der noch in Betrieb befindlichen Katharinengrube getrieben. Die etwa 100 Meter entfernt befindlichen Kameraden konnten sich im letzten Augenblick in das nach oben führende Gesenk retten. Der Berg, der den Stockheimern in über zweihundert Jahren so vieles gegeben hatte, hatte diesmal genommen.
Erschütternd war der Bericht, den die unmittelbar Betroffenen von der Katastrophe gaben: "Zu acht bauten sie am Montag Nachmittag im Katharina-Stollen die Kohle ab. Um 18 Uhr gingen sechs von ihnen zum Vesperplatz. Nur Heinrich Welscher und Georg Limmer waren zurückgeblieben, um schnell noch einen Hunt (Kohlekarren) zu beladen.
Von den Sitzen gerissen
Sie konnten ihr Vorhaben nicht mehr ausführen, denn plötzlich setzte ein starker Luftzug ein, vor dem einer der sechs Bergleute die beiden Zurückgebliebenen noch warnen wollte. Doch es kam nicht mehr dazu. Ein nicht zu beschreibendes Dröhnen und Poltern, ein Rauschen und Fluten, das sich mit unglaublicher Geschwindigkeit zu orkanartigem Getöse verstärkte, erfüllte den Stollen. Die pausierenden Bergarbeiter wurden von ihren Sitzen gerissen und gegen das Gestein gedrückt.
Als die sechs Bergleute wieder zu sich kamen, hatten sie zunächst keine Ahnung von den Ursachen. Aber eines war ihnen sofort klar geworden: Den beiden Kameraden muss etwas Schreckliches passiert sein.
Der Stollen, in dem sie noch vor Minuten arbeiteten, war nicht mehr. Durch den aufgewirbelten Kohlen- und Erdstaub konnte man zunächst die Trümmer und die Zerstörung nur undeutlich erkennen. Schwarzer Kohlebrei sickerte und wälzte sich durch den Stollen. Doch schnell begriffen die Betroffenen, dass sie nur durch einen glücklichen Zufall das Inferno überlebten.
Schnell verbreitete sich die Hiobsbotschaft in Stockheim. Die alten "Bergleute" wussten sofort, was dieses unheimliche, tiefe Loch in der Erde zu bedeuten hatte. Der "Maxschacht" hatte sich wieder geöffnet, diesmal mit Gewalt. Der Abraum, mit dem dieser über 300 Meter tiefe Schacht bei der Stilllegung aufgefüllt worden war, musste mit unheimlicher Wucht nach unten weggerutscht sein.
In aller Eile zugeschüttet
Erinnerungen an das Jahr 1911, das bei der übereilten Schließung 556 Bergleuten den Arbeitsplatz gekostet hatte, wurden in den Veteranen wieder wach. In großer Eile - die Gründe sind bis heute noch nicht ganz klar - wurden Schachtanlagen auf Geheiß des bayerischen Staates zugeschüttet, Stollen vermauert, eine Brikettfabrik zerstört und die großzügig angelegte Kohlenwäsche unter erheblichem Kostenaufwand gesprengt.
Heute glaubt man zu wissen, dass durch die übertriebene Stilllegungshektik im Jahr 1911 der Keim für die Katastrophe von 1955 gelegt wurde. Wohl war der Schacht bis obenauf mit Erde, Geröll und Schutt gefüllt. Aber Balken und Eisenträger, die aus den Querschlägen immer noch in den Schacht geragt haben dürften, verhinderten wahrscheinlich ein hundertprozentiges Abdichten. So mögen sich im Laufe der Zeit Löcher gebildet haben, die sich mit Wasser füllten.
Das Wasser trug die Füllmengen Jahrzehnte lang, bis zu der Zeit, da man wieder begann, aus dem 700 Meter entfernten Katharinen-Schacht die Kohle zu fördern. Da wegen neuer Querschläge in der Folgezeit ständig Wasser aus der Grube gepumpt wurde, kam plötzlich der Augenblick, in dem die Erdmassen absacken konnten.
Bis heute hält sich auch das Gerücht, man habe bei der Stilllegung aus Kostengründen eine Bühne eingebaut, um dadurch die Aufschüttung abzukürzen.
Stollen war unpassierbar
Bergbaudirektor Rudolf Strak leitete die Rettungsaktion ein, die zunächst unter einem ungünstigen Stern stand, denn der Stollen war mit Wasser und Schlamm unpassierbar geworden. Die Pumpen liefen bis Mitternacht auf vollen Touren. Erst dann konnte man an die eigentliche Bergung herangehen.
Der Einsatz war lebensgefährlich, denn mit einem Nachdrücken der Wassermassen musste stets gerechnet werden. Noch in der Nacht arbeiteten sich die Retter zwölf Meter vor. In den darauf folgenden Tagen schufteten die Kumpels schweißüberströmt rund um die Uhr. Doch die Hoffnung auf ein "glückliches Ende" ebbte mit jeder verflossenen Stunde ab.
Nach 60 Tagen geborgen
Erst am 27. Mai 1955 konnten die Bergleute Limmer und Welscher unter schwierigsten Bedingungen um 7 Uhr geborgen werden. Durch den enormen Luftdruck und sicherlich auch durch das Wasser hatten sie einen jähen Tod gefunden. Am Samstag, 28. Mai, wurden die Verunglückten auf dem Stockheimer Friedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung durch Pfarrer Johannes Heckel beigesetzt.
Für den FC Stockheim hatte das Unglück ebenfalls Konsequenzen. Vorübergehend wurden die Punktespiele auf der "Schwalbswiese" am Ortseingang (jetzt Firma Blumenröther) ausgetragen. 1957 konnte dann nördlich des "Maxschachtes" ein neuer Sportplatz eingeweiht werden.
Ergänzung durch das Bildmaterial von Renate Müller
Text ab hier Vitus Wagner.
Bild von Heinrich Welscher
Am Samstag, den 28.Mai 1955 trafen sich zahlrauche Trauergäste aus Nah und Fern am Wohnhaus von Heinrich Welscher Bergwerkstrasse 33 in Stockheim.
Der Trauerzug nahm hier seine Aufstellung.
Der Trauerzug setzte sich von hieraus in Bewegung in Richtung Friedhof.
Vorbei am Frieseurgeschäft Vieweg.
Pfarrer Johannes Heckel mit seinen Ministranten auf dem Weg zum Friedhof (ca. 200 Meter unterhalb des Gasthofes Schwalb).
Mehr als 1000 Personen bildeten den Trauerzug.
Aussegnung (links im Bild die Famile Wagner und Welscher, rechts im Bild die Famile Limmer)
Ab den Fahnenträger links. Luci Wagner,Dora Welscher(Ehefrau), Rudolf Wagner,2 Damen, Renate Müller(Kind/Tochter),Margareta Wagner, Hans Wagner,Marie Renk.
Im Bild Bürgermeister Hans Wagner, der Schwiegervater des Verstorbenen Hans Welscher.
Auf dem Weg zum Grab von Heinrich Welscher.
Dank der Familie Renate und Reinhold Müller für die Bilder der Trauerfeier.