Stockheimer Bergbaugeschichte
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Der Maximilian - Wasserstollen
Autor: Gregor Förtsch, Stockheim
Für die Erschließung unterirdischer Lagerstätten vom Tage her, wurden zur Lösung Stollen oder Schächte angelegt. Daneben gab es auch andere Ausrichtungsbaue die nicht direkt dem Abbau dienten. Dazu gehören vor allem die Wetter- und Wasserlösungsstollen. Diese Stollen hatten, als die Mittel zur künstlichen Wasserhebung noch sehr unvollkommen waren einzig den Zweck, die an ihn angeschlossen Gruben wasserfrei zu machen, ohne dass man das Wasser abpumpen musste. Diese Stollen setzten am tiefstmöglichen Punkt im Tal an. Die Stollen werden deshalb auch als „Tiefe Stollen“ oder „Erbstollen“ bezeichnet. Dem „Erbstöllner“, der einen solchen Stollen zu treiben unternahm, wurden wichtige Vorrechte eingeräumt. Auch in Stockheim gab es solche Wasserstollen.
Wie überall im Bergbau verursachte auch in den Stockheimer Gruben das eindringende Wasser erhebliche technische Probleme und natürlich große finanzielle Opfer. Um die Gruben wasserfrei zu halten setzte man von Alters her einfache Schöpfgeräte sog. “Eimer” oder “Pulgen” ein. Während die Eimer aus Holz angefertigt wurden, waren letztere aus Leder gefertigte, sackartige Behältnisse, in die man zum leichteren Befüllen, oben einen eisernen Ring einsetzte. Mit Hilfe einr Handhaspel zogen die Haspelknechte abwechselnd die vollen Wassergefäße bzw. förderten die Kohlenkübel zu Tage. Im Gegensatz zur Kohlenförderung, die an den Wochenenden und Feiertagen eigestellt werden konnte, musste das Wasser rund um die Uhr aus den Grubenbauen gefördert werden, wollte man ein “Absaufen” verhindern. Bei guter Kohlenförderung ging so natürlich auch kostbare Zeit verloren. Bei schlechtern „Kohlenmittel“ bedeutete das eindringende Wasser den Ruin des Betreibers oder zumindest die Aufgabe der Grube. Ab dem 16. Jh. Wurden in größeren Gruben auch sogenannte “Wasserkünste” eingesetzt. Das waren in der Mitte durchbohrte Baumstämme, in denen das Wasser hochgefördert wurde, - die Vorläufer unserer heutigen modernen Förderpumpen. Die Wasserkünste wurden entweder mit Menschen- oder mit Pferdekraft, durch sog. “Göpel”, heute würde man sie als Antriebsmaschinen bezeichnen, angetrieben.
Gegen Ende des 18. Jh. verfügte fast jede Stockheimer Grube über einen Stollen über den auch die Grubenwässer abgeführt wurden. Diese Stollen wurden schon sehr früh angelegt und dienten vermutlich der Auffindung und dem Abbau der Kohlenlager. Für das ableiten der inzwischen abgesunkenen Strecken sodass damit zum ableiten der Grubenwässer nur eine geringe Teufe erreicht wurde und die Wirksamkeit dieser Stollen schnell ausgeschöpft war. Noch heute finden sich im Wald verborgen die z.T. verstürzten Mundlöcher dieser Grubenbaue aus denen immer noch Wasser hervortritt.
Nach einem „Rapport über sämtliche Grubengebäude in den Stockheimer Bergrevier“ auf das Quartal Luciae 1805, konnten von den acht Stockheimer Zechen, wegen der aufgestiegenen Grubenwässer, nur noch ….
Der königliche Grubenbeauftragte J. Herzog berichtet:
„Die Catharina Grube … ist seit einiger Zeit wegen den aufgegangenen Wässern, welche 14 Fuß hoch im Schachte stehen, auflässig und daher unbefahrbar“ …
Die „Adam Friedrich Zeche wird „…in alter Arbeit getrieben…“
„Die Carl Christophgrube ist seit zwei Jahren ganz auflässig…“
…die St. Michaelgrube mit nicht mehr als zwei Mann belegt, die kaum soviel Kohlen gewinnen, als die Schichtenlöhne betragen“ … Die Arbeit geschieht ganz vom Ausgehenden, in dem die unteren Baue sämtlich ersoffen sind…“
Vereinigter Nachbar und St. Wolfgang, … werden am schwunghaftesten betrieben. Dem Abbau auf dem Vereinigten Nachbarn geschah ehemals auf 2 Hauptstrecken, wovon dermalen die unterste unter Wasser steht“
„Die aus der Catharinazeche durch die aufsteigenden Wässer vertreibene Mannschaft arbeitet nun sämtlich auf der Christophszeche“ ….
Die Zeche Hilfe Gottes war schon seit längerer Zeit nicht mehr in Betrieb.
„… Sämtliche Zechen erwarten die Hülfe des neuen Maximilians Erbstolln.“
Der Landesherr hatte immer einen gewissen Anteil (Kuxe) an jeder Grube. Mit dem „Auflassen“ einer Grube versiegten auch die Einnahmen die der Landesherr beanspruchte. So ist es zu verstehen, dass vom damaligen Landesherrn, dem Kurfürsten Maximilian IV., von Bayern, der später zum 1. Bay. König, Maximilian I. von Bayern, gekrönt wurde, der Auftrag zum Bau eines Entwässerungsstollens erteilt wurde. Dieser „Tiefe Stollen“ sollte alle damals in Betrieb befindlichen 9 Steinkohlengruben Entwässern.
Alten Rechnungsakten zufolge wurde im November des Jahres 1804 mit dem Bau des tiefen Maximilian Wasserstollen, benannt nach dem damaligen Landesherrn, begonnen. Ziel dieses Unternehmens sollte es sein, alle damals in Stockheim in Betrieb befindlichen Gruben zu entwässern. Mit den Arbeiten begann man am tiefsten Punkt im Tal, dem Haßlachfluß. Zunächst wurde die Stollnrösche angelegt. Diese Arbeiten dauerten von November 1804 bis Juli 1805Dazu wurden 8 Schaufeln und 12 Schanzen neu angeschafft.
Das Bauholz zum „tiefen Stolln“ kam aus Rothenkirchen. Dazu erteilte am 11. April des Jahres 1805, im Namen des Königlichen Bergamtes, der Bergbeamte J. Herzog einen „Akkord“ über die Lieferung „über die Fällung und Herbeischaffung des Bauholzes zum tiefen Stolln“.
„Spezifikation“
857 Stangen zu hauen und nach Stockheim zu fahren
100 Stck 9er Pfaden zu hauen
75 Stck. Zichpfaden zu fahren
20 Stck. 8er Pfaden zu fahren
20 Stck 8er Pfaden zu hauen und zum Wäg zu schaffen
115 Stck. Zichpfaden zu
70 8er Pfaden
Zu fällen, zu hauen, zu putzen und nach Stockheim zu fahren.
9 Blöcher Bäum zu fällen und zu putzen und ins Wasser zu lassen.
Die Kosten dafür betrugen 362 fl, 41 kr.
In Stockheim selbst fehlte es an bergmännischen Fachkräften. So beauftragte die bischöfliche Hofkammer im Jahre 1809 einen Spezialisten, den aus Schlesien stammenden Obersteiger Erdmeyer. Der Bau verschlang sehr viel Geld. Nach einer Rechnungsakte wurden in den ersten zwei Jahren alleine 4.652 Gulden investiert. Ein Bruder des berühmten Sprach- und Keltenforschers Kaspar Zeuß aus Kronach, wurde im Jahre 1813 mit der Ausmauerung eines Stollenteils mit Sandsteinmauerwerk beauftragt. Es sollte allerdings 50 Jahre dauern, bis dieses Bauwerk 1855 zu Ende geführt werden konnte. Spätestens nach seiner Fertigstellung im Jahre 1855, konnten die Stockheimer Gruben St. Michael, St. Wolfgang, Karl-Christoph, Christoph-Franz, Franz Ludwig, Adam Friedrich, Vereinigter Nachbar und die Grube St. Katharina entwässert werden.
Im August 1924 hatte der Wasserstollen seine längste Ausdehnung von 2,4 km erreicht. Von seinem Ausgangspunkt, auf Höhe der Landesgrenze zu Thüringen, am „Wirten Berg“, verläuft der Stollen, bis zum ehemaligen Adam-Friedrich Schacht, in südöstliche Richtung. Dort erreicht er eine Höhe NN von 353, 72 m und liegt damit 77 Meter unter Oberflächenniveau. Von dort beschreibt der Stollen, der im Liegenden, verläuft, eine Biegung nach Nordosten, bis auf Höhe des Mundloches des alten Katharinen-Schleppschachtes. Ab hier wurde der Wasserstollen mit Sandsteinquadern ausgemauert. Wie aus einem Plan aus dem Jahre 1872 ersichtlich, stand genau über dem Maximilians Stollen, oberhalb des Stockheimer Friedhofes ein Bergwerksgebäude, das sog. „Aerarische Zechenhaus“. Im nördlichen Teil des Gebäudes wird ein „Stollen-Schacht“ ausgewiesen. Auf Höhe der nördlichen Zufahrt zum Firmengelände der Fa. Adam Stegner endet der bis hierher schnurgerade verlaufende, begehbare Teil des Wasserstollens. Während des 2. Weltkrieges wurde der untere Teil des Stollens als Luftschutzkeller für die Dorfbewohner genutzt.
Ab dem Firmengelände der Fa. ASS übernimmt ein Kanal eine sog. Wasserrösche die Fortleitung des Bergwassers. Der Bau dieses ältesten Stockheimer Kanalbauwerks, wurde aus mehreren Gründen erforderlich. Bis dahin hatte man nämlich die Bergwässer einfach auf die der Stadt Kronach gehörigen Wiesen ablaufen lassen. Deswegen gab es immer wieder Ärger mit der Stadt. Denn die durch Grubenwässer versauerten Wiesen konnten nur zum Teil oder überhaupt nicht genutzt werden. Ein weiterer Grund weshalb die Grubenwasser nicht mehr unkontrolliert in die Wiesen eingeleitet werden konnten und diese dadurch auch den Untergrund aufweichten, war der Bau der Eisenbahnlinie Hochstadt – Stockheim im Jahre 1863. Mit dem Bau des Wasserkanals endeten auch die Streitigkeiten mit der Stadt Kronach.
Beim Bau der neuen Eisenbahnbrücke (2006/2007), welche die Bahntrasse München – Berlin überspannt, und den alten Ortskern von Stockheim mit der B85 verbindet, stieß man bei Gründungsarbeiten auf diesen alten Abwasserkanal. Die Baustelle auf welcher das Bauwerk entdeckt wurde liegt im Bereich der südlichen Brückenauffahrt, zwischen B85 und dem Bahnkörper.
Die Mauerung besteht aus plattigen Bruchsteinmaterial und setzt ca. 1,20 Meter unter dem alten Straßenniveau an. Die lichte Höhe des Kanals beträgt ca. 90 cm bei einer Breite von 95 cm. Für die Mauerung für das Firstengewölbe wurden ca. 5 cm dicke Bruchsteine mit einem Format von ca. 4 cm x 50 cm. Für die seitliche Mauerung wurde eine trockene Bergemauer eingebracht, die eine Lehmbindung aufweist. Eine ca. 40 cm breite Baugrube außerhalb der Seitenmauer belegt, dass für die Errichtung der Rösche ein Graben ausgehoben wurde, in den dann der Abwasserkanal hineingesetzt wurde. Auf der Sohle des Kanals, wie im gesamten Bereich des Stollens, hat sich eine dicke ockerfarbene Schicht gebildet. Die Wasserrösche endet am Haßlachfluß, ca. 20 Meter nördlich der Brücke, wo sie ihr Wasser in den Haßlachfluß abgibt.
Bei einer Kontrollbefahrung konnte der Zustand des Maxstollens begutachtet werden. Zum Erstaunen der „Bergleute“ zeigte sich, dass außer einigen historisch „geflickten“ Stellen, die im Bereich der darüber führenden Verkehrswege und nah an der Oberfläche, der Stollen zum überwiegenden Teil noch sehr gut erhalten und begehbar ist. Der Stollen wurde in „Eiform“ hergestellt und mit sauber zugeschlagenen Sandsteinen ausgekleidet. Damit erreichte man ein Höchstmaß Stabilität und an Sicherheit. Die lichte Höhe beträgt ca. 2,0 Meter bei einer Breite von ca. 1,15 m. Nachdem der Stollen über 40 Jahre nicht mehr gewartet wurde, hat sich eine fast 60 cm. Dicke Schicht einer ockerfarbenen Ablagerungsschicht gebildet. Der auf dem Plan von 1872 erkennbare und in Sandsteinmauerung ausgeführter Hilfsstollen auf Höhe des ehemalige „Ärarischen Hauses“, (Anwesen nördlich des Friedhofes) ist noch sehr gut erhalten. Nach 350 m ist der Wasserstollen verschlossen. Vermutlich handelt es sich um eine Sicherungsmaßnahme bei der Schließung der Grube St. Katharina.
Mündung in die Haßlach: