Bergbaugeschichte rund um Stockheim

Traditionen bewahren - Geschichte erleben - Brauchtum erhalten


"Eine Gesellschaft die ihre Vergangenheit nicht kennt, deren Zukunft ist in Gefahr" (Richard von Weizsäcker)

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Eröffnet vermutlich 1700
Geschlossen 1949
Beschäftigte maximal 1872 beschäftigte er zirka 100 Bergleute -----1926 200 Arbeiter
Tiefste Grabung  
Besitzer Schieferbruchbesitzer Oertel in Lehesten, dem Bankier Feustel in Bayreuth und der Creditbank in Coburg
 

1945 Stockheimer Kaufmann Alfred Och

   
   

 

Das Kohlenflöz besteht aus zwei Flügeln, dem Stockheimer und dem Reitscher Flügel. „Beide Partien", schreibt Professor Dr. Gümbel in seiner geognostischen Beschreibung Bayerns (3. Abt. S. 557), „hängen oder hingen ursprünglich zusammen und sind zwei Muldenflügeln zu vergleichen, von welchen der westliche in einem Spezialsattel halbmondförmig um den Spitzberg (bei Stockheim) umbiegt, an dessen Ostrande gegen Neukenroth sich rasch verschmälert, und hier dann in einer Krümmung quer durchs Haßlachtal sich zum Gegenflügel von Reitsch wendet. In welcher Weise die Verbindung beider Flözteile in größerer Tiefe, also mehr gegen Wolfersdorf zu, stattfindet, ist wegen der Enge der Spalte schwierig zu beurteilen. Wahrscheinlich ist der mittlere Teil der Flözlage durch die Vertiefung des Haßlachtales selbst völlig zerstört und abgerissen".


Diese Kohlenlager bei Stockheim und Reitsch sind verhältnismäßig spät entdeckt worden. Dr. Haupt schreibt in seinen Materialien zur Geschichte des Bergbaues im Hochstift Bamberg, daß die Gruben von Stockheim und Reitsch sicher schon vor langer Zeit bekannt, und schon 1700 und wohl auch schon früher im Gang waren. Dabei beruft er sich auf eine Verordnung vom 14. August 1737, wonach der Kastner zu Kronach den Befehl erhält, von 10 zu 10 Jahren den dortigen Kohlenkübel neu anfertigen und einbrennen zu lassen, da nicht anzunehmen sei, daß der 1708 angefertigte heute noch halten könne. Ob diese Verordnung die Behauptung Dr. Haupts rechtfertigt, sei dahingestellt. Keinesfalls waren vor dem Jahre 1756 zu Stockheim Kohlen bekannt, denn die näheren Umstände ihrer Entdeckung in genanntem Jahre sind urkundlich genau festgelegt.

Über den Beginn des Kohlenbergbaus im Reitscher Gebiet fehlen allerdings bestimmte Nachrichten. Die Kronacher Ratsprotokolle erwähnen eine „Reitscher Grube" erstmals im Jahre 1769. Hätte dieselbe schon einige Jahrzehnte vorher bestanden, wäre sie doch sicher bereits früher einmal erwähnt worden. Als älteste bekannte Kohlengrube zu Reitsch dürfte die Fundgrube „Maria Wegweiserin" zu gelten haben.

Ein Hofkammerdekret vom 16. November 1768 an den Bergamtsverwalter Heel zu Kronach befiehlt diesem, „den Finder und Muther der Maria Wegweiserin Fundgrube bey Glo-berg in dem gemutheten Feld zu schützen und dieser Gruben halber seinen pflichtmäßigen Bericht zur hochfürstlichen Hofkammer ehestens einzubefördern". Finder und Muther der „Maria Wegweiserin" war damals Franz Ferdinand Axter, Kastner zu Kronach und Oberamtmann zu Fürth am Berg.

Die gemachten Kohlenfunde scheinen den gehegten Erwartungen aber nicht entsprochen zu haben, denn bereits nach einigen Jahren schon wurden die Gewinnungsarbeiten wieder eingestellt. Im Jahre 1775 mutete Kastner Axter von neuem „die dermalen im Freien liegende Fundgrube bei Reitsch, Amts Kronach, Maria Wegweiserin genannt" und er erhielt infolgedessen unterm 28. Juni 1775 einen Konzessionsbrief ausgestellt. Axter bildete eine Gewerkschaft mit 128 Kux, wovon er auf seinen Teil 64 Kux baute. Auch diesmal scheint das Unternehinen nicht prosperiert zu haben. Axter verkaufte bald seinen Anteil zu 64 Kux an den Herzoglich Sachsen-Weimarschen Legationsrat Friedrich Justin Bertuch. Im Jahre 1797 werden als dessen Mitgewerke genannt der Kronacher Stadtkonsulent Andreas Lamprecht und die Jungfer Bauzin, eine Tochter des Kronacher Bürgermeisters Bauz.

Die Leitung des Grubenbetriebs lag in den Händgn des Legationsrates Bertuch. Die Rentabilität ließ immer noch zu wünschen übrig. Ein Zechenregister vom Quartal Trinitatis 1798 läßt z. B. ersehen, daß während dieser Zeit 49 Fuder Kohlen gewonnen wurden. Die Ausgaben dafür überstiegen die Einnahmen in dem Maße, daß pro Kux 2 Gulden als Zubuße einbezahlt werden mußten.

Das ergab in diesem Quartal allein eine Zubuße von 256 Gulden. Wielange die Grube „Maria Wegweiserin" betrieben wurde, ließ sich nicht ermitteln. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts scheint die Kohlenförderung daraus aufgegeben worden zu sein.


Zu Ende des 18. Jahrhunderts werden noch einige kleinere Schächte genannt: die Grube „neue Hoffnung", deren Alleinbesitzer Legationsrat Bertuch war, der Wirthschacht und eine von einem gewissen Däumer in Weidig hinter Reitsch geöffnete Steinkohlengrube. Diese scheinen sämtlich nur kurze Zeit bestanden zu haben. Ein Bericht des Landrichters Stöcker zu Kronach vom Jahre 1809 verzeichnet zu Reitsch nur eine Steinkohlengrube.

Neues Leben in den darniederliegenden Reitscher Kohlenbergbau brachte erst wieder der Bergfaktor und Schichtmeister Christian Büttner in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1872 beschäftigte er zirka 100 Bergleute. Die gewonnenen Kohlen erfreuten sich eines guten Rufes.

Im Jahre 1875 ging, die „Büttnerszeche" genannt, um eine ziemlich hohe Kaufsumme in den Besitz einer Gewerkschaft über. Diese wurde gebildet vom Schieferbruchbesitzer Oertel in Lehesten, dem Bankier Feustel in Bayreuth und der Creditbank in Coburg. Die neuen Besitzer scheuten keine Kosten, das Kohlenlager vollständig zu erschließen.

Die Kohlenförderung stieg denn auch ganz bedeutend. Im Jahre 1878 wird diese bereits auf 300000 Zentner angegeben. Veranlaßt durch Wegbaudifferenzen mit der Gemeinde Reitsch und durch den Mangel an jederzeit verfügbaren Fuhrleuten zum Transport der Kohlen zum Bahnhof Gundelsdorf entschloß sich die Direktion der inzwischen in „Zeche König-Ludwig" umgetauften Grube dahin eine Schienenverbindung zum Transport der Kohlen herzustellen. Dieses Projekt kam im Frühjahr 1880 zur vollständigen Ausführung.

Gegenüber dem Orte Haßlach, bei der Einmündung der Reitscher Straße in die Staatsstraße, war schon einige Jahre vorher ein Kohlenmagazin errichtet worden, und von hier zum Bahnhofe Gundelsdorf wurde nun ein Anschlußgleis hergestellt, auf welchem die Eisenbahnwagen direkt zum Kohlenmagazin und nach ihrer Beladung wieder zurück zum Bahnhof verbracht werden konnten. Das Kohlenmagazin war schon vorher durch eine schmalspurige Rollbahn mit dem Förderschachte selbst verbunden worden.


So waren denn jetzt alle Voraussetzungen zu einer gedeihlichen Entwicklung des Reitscher Bergwerks gegeben. Diese gedeihliche Entwicklung fand aber ein unvorhergesehen schnelles Ende. Im Jahre 1888 gab Grubendirektor George das Gutachten ab, daß das Reitscher Kohlenfeld als ausgebeutet betrachtet werden müsse und einen Betrieb nicht mehr lohne.

Infolgedessen wurde die Kohlenförderung auf der Zeche „König-Ludwig" ab 15. April 1888 eingestellt, die Maschinen abgebrochen und die Schachtzugänge vermauert. Die meisten der durch diese Maßnahme brotlos gewordenen Bergleute fanden in den von Swaineschen Werken zu Stockheim Arbeit, einige wenige nur wanderten aus, teils nach Sachsen, teils nach Westfalen, um in den dortigen Bergwerken Beschäftigung zu suchen.


Genau 30 Jahre später, im September 1919, begann man in Reitsch, Zeche „König-Ludwig", wieder mit dem Kohlenabbau.


Am 25. März 1920 stürzte der Bergarbeiter H. Renk von Wilhelmsthal in den 100 Meter tiefen Schacht. Sieben Kinder verloren ihren Ernährer.
Im Juni 1920 streikte man. Die Arbeiterschaft forderte aber nach einigen Tagen mit großer Mehrheit die Wiederaufnahme der Arbeit, was auch geschah.


7. April 1926 — Das Reitscher Werk steht wieder still! Die Bank hat den ca. 200 Arbeitern gestattet, sich für die Lohnforderungen, die durchwegs 3 — 4 Lohnperioden ansteht, dadurch schadlos zu halten, daß alle Maschinen, Motore, Geräte usw. die unter Tage entfernt werden können, aus der Grube geholt und verkauft werden dürfen. Viele Arbeiter fanden im Stockheimer Bergwerk Beschäftigung.


Am 27. September 1926 verstarb in Reitsch der Bergwerksdirektor Josef Gerlach im Alter von 52 Jahren.


Im November 1926 wurde bei der Versteigerung der Reitscher Grube kein einziges Angebot abgegeben. Die Besitztümer wurden mit 75000,- Mark angeboten. Hauptgläubiger mit rund 1,25 Millionen Mark ist die „Raiffeisenbank" in Berlin. Die Grube wird mit Zwangsverwaltung noch einige Zeit weiterbetrieben. Dann schließen sich wieder die Pforten.


Nach dem 2. Weltkrieg begann man auch wieder in Reitsch nach Kohlen zu graben.

Am 11. September 1947 wünscht das Bergamt die Übernahme durch das Stockheimer Werk. 56000,- DM Schulden haben sich angehäuft. Das Grubenfeld gehört dem Stockheimer Kaufmann Alfred Och.


23. Oktober 1948 — Vor dem Amtsgericht Kronach stand der Stockheimer Kaufmann Alfred Och, nachdem er nach dem 1. Juni 1946 einem Beschäftigungsverbot zuwidergehandelt hat.


Er hatte im August 1945 in Reitsch einen Schürfbetrieb nach Steinkohlen eröffnet. Nachdem die Zahl se­ner Leute über zehn gestiegen war, wurde im November 1946 durch das Arbeitsamt Coburg mitgeteilt, daß er seine Tätigkeit infolge politischer Belastung einzustellen habe.
Er legte daher sämtliche Funktionen nieder und übte nur noch Beratertätigkeit aus. Seine Sekretärin kümmerte sich als „Treuhänderin" ums Werk. Die Arbeiterzahl stieg auf 50. Selbst der Staatsanwalt bedauerte, daß hierfür 6 Monate Gefängnis anstehen.

Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Das Gericht sprach ihn dann auch frei!


28. Mai 1949 — Dem Reitscher Bergwerk soll geholfen werden! Das Werk „Zukunft" hat Finanzschwierigkeiten. Seit Monaten arbeiten die Kumpels ohne Lohn. MdL Hagen (Kulmbach) verspricht, einen Staatszuschuß zu erlangen. Die endgültige Stillegung einige Monate später beendete die Geschichte der Reitscher Grube.

Bild rechtes Haus: Jetzigen Witschaft Pizzeria Da Carlo Abfahrt Hauptstraße B85 nach Reitsch.

Jetziger Standort der Büttnerszeche mit Tafel.

 

 

 



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