Der Maximilian Erbstollen
1804 – 1809
Autor: Gregor Förtsch
Wie überall im Bergbau, verursachte auch in Stockheim, das eindringende Wasser erhebliche Probleme. Zunächst teufte man Schächte nur soweit ab, als man dem eindringenden Wasser Einhalt gebieten konnte. Mit Hilfe sog. „Wasserkünsten“, den Vorläufern unserer heutigen Förderpumpen, versuchte man dem Wasserdrang zu begegnen. Um 1800 hatten die Stockheimer Steinkohlengruben bereits eine solche Tiefe erreicht, dass die Menge an eindringendem Wasser, nicht mehr wirtschaftlich aus der Grube geschafft werden konnte. Der Landesherr hatte immer einen Anteil an jeder Grube. Das war in Stockheim nicht anders. Damit auch die Stockheimer Gruben wirtschaftlich betrieben und Gewinn erzielt werden konnte, wurde vom damaligen Landesherrn, dem Kurfürsten Maximilian IV., der Bau eines Erbstollens genehmigt. Im Oktober 1804 wurde mit dem Bau begonnen. Der Bau verschlang eine Menge an Kapital. So wurden nach einer Rechnungsakte in den ersten zwei Jahren alleine 4.652 Gulden investiert. 1809 erreichte der Stollen, im Grubenfeld der Grube Hilfe Gottes, das bis zu 20 Meter hohes Hauptflöz.
Der Kronacher Bergbeamte F. Gail, berichtet am 14. April 1809, an die königliche Gruben-Administration in München: „Allerdurchlauchtigster Großmächtigster König Allergnädigster König und Herr, das Bergamt Kronach machte die Anzeige, dass mit dem Maximilians-Erbstollen zu Stockheim im Mainkreise das Hauptsteinkohlenflöz angefahren wurde. Die Kohln sind sehr rein und besser als in den oberen Mitteln, und da man mit diesen Stollen ein 9 bis 10 Lachter (ein Lachter entspricht etwa 2 m) hohes Kohlfeld nach der ganzen Erlängung der Flöze unter die damaligen Baue gewinnt, so ist nicht blos den auf diesen Flözen bauenden Gewerken der Grubenbau auf eine lange Zeit von Jahren gesichert , sondern die auf den Erbstollen verwendeten Kosten, worüber wir Euer Königlichen Majestaet nachstehens die Berechnung vorlegen, werden sich durch des den Erbstöllner gebührenden Stollenanteil reichlich zugewiesen.
Da aber mit diesem Erbstolln das Steinkohlenflöz im freien Felde, nämlich in den längst auflässig gewordenen Hilfe Gottes-Zeche angefahren wurde, die eine Feldeslänge von 1 Fundgrube und 2 Maaßen oder 98 Lachterlängen hat, so bitten wir nun die allergnädigste Bestimmung, ob Euer Königliche Majestaet diese Feld auf eigenen Rechnung zu bauen geruhen, oder ob dasselbe Gewerken überlassen werden soll. Wir müssen dazu noch alleruntertänigst bemerken, dass der Gewerke der Katharina und Cristoph-Franz-Zeche, Stadtrath Strüph zu Bamberg dem diese Zechen zum Betriebe seiner Glashütte zu Bamberg vermögen allerhöchsten Berichts von 22ten Febr. 1805 käuflich überlassen worden, mit den Gewerken der Vereinigt Nachbarszeche Freyherrn von Donopp wegen dem Felde der anstossenden Christopf-Franzgrube im Streite kam von dessen Entscheidung es abhängt, ob die letztgedachte Zeche die von Vereinigt Nachbar in Anspruch genommene Feldeslänge von 26 Lachter verlieren würde oder nicht. Im ersten Falle glauben wir, das Euer Königliche Majestaet dem Stadtrath Strüpf diesen Entgang von seinem ihm zum Kaufe gegeben Felde zu ersezen haben, was von füglichsten durch Überlassung eines gleich großen Feldes von der mit dem Erbstollen angefahrenen im freien liegenden Hilfe-Gottes –Zeche geschehen könnte, die von die den gedachten Stadtrath gehörigen Katharinazeche grenzt. Und in diesem Betrachte haben wir vorläufig an das Bergamt Kronach verfügt, dass die Grube Hilfe-Gottes einstweilig auf königliche Regie betrieben werden solle. Der allergnädigsten Bestimmung entgegen sehend verharren wir in allertiefster Ehrfurcht.“
Dieses Jahrhundertwerk sicherte durch die natürliche Entwässerung, den Betrieb aller Gruben in Stockheim. Ab jetzt war es den Grubenbesitzern möglich, auch tiefer liegende Steinkohlenflöze abzubauen und ihre Grube wirtschaftlich zu betreiben.
Für den Ausbau des Erbstollens sowie dem Abbau des Kohlenfeldes, holte sich die bischöfliche Hofkammer einen Spezialisten, den aus Schlesien stammenden Obersteiger Erdmeyer. Der Stollen war in doppelter Türstockausführung aus Holz gezimmert. Wegen ständiger Ausbesserungsarbeiten und zum sicheren Betrieb, ging man 1813 daran, den Stollen mit beständigen Sandsteinquadern auszumauern.
Den Zuschlag für die Sandsteinarbeiten erhielt die Firma „Zeus“ in Kronach, die auch selbst im Besitz eigener Sandsteinbrüche waren. Der Baumeister Zeuß aus Kronach wurde mit der Ausmauerung eines Stollenteils mit Sandsteinmauerwerk beauftragt. Um 1836 war der Stollen mindestens zur Hälfte, etwa bis zum Lichtschacht am sog. „Aerarischen Haus“, fertig geworden. Wie eine Medaille zeigt wurde der Stollen am 15. Juli 1855 eingeweiht. Das Mundloch befindet sich auf dem Betriebsgelände der Fa. ASS, unweit der 1863 herangeführten Eisenbahnlinie. Ab hier wird das Wasser über eine Rösche bis zum Haßlachfluß bei Wolferstdorf weitergeleitet.
Ursprünglich endete der Stollen am damaligen Schrägschacht der Zeche Katharina. Durch seine Verlängerung, die von da ab in Holzimmerung ausgebaut wurde, reichte er bis an die Landesgrenze von Sachsen-Coburg- Gotha, dem heutigen Thüringen. Er entwässerte neben den Stockheimer auch die Thüringer Gruben. Der Stollen besitzt eine Länge von ca. 2600 Metern, bei einem Höhenunterschied von ca. 7 Metern.
Von seinem Endpunkt, der Landesgrenze zu Thüringen, am „Wirten Berg“, verläuft der Stollen, bis zum ehemaligen Adam-Friedrich Schacht, in südöstliche Richtung. Dort erreicht er eine Höhe NN von 345, 74 m und liegt damit 38 Meter unter Oberflächenniveau. Von dort beschreibt der Stollen, der im Liegenden verläuft, eine Biegung nach Nordosten, bis auf Höhe des Mundloches des Katharinen-Schleppschachtes. Hier erfährt der Stollen abermals eine scharfe Korrektur nach West-Südwest. Von hier aus verläuft der Stollen in gerader Linie bis zu seinem Auslass bei Wolfersdorf.
Wie aus einem Plan aus dem Jahre 1872 ersichtlich ist, stand oberhalb des Stockheimer Friedhofes ein ehemaliges Bergwerksgebäude, das sog. „Aerarische Zechenhaus“. Im nördlichen Teil wird ein „Stollen-Schacht“ ausgewiesen. Unweit der nördlichen Betriebszufahrt befindet sich das Stollenmundloch, das heute unter der Straße verborgen liegt. Ab hier wird das Wasser in eine Wasserrösche geleitet. Wegen des sich zu bestimmten Jahreszeiten, auf die umliegenden „gemeinen Stadtwiesen“ ergießenden Grubenwassers, gab es oft Ärger mit der Stadt Kronach. Spätestens mit dem Bau der Eisenbahnlinie nach Stockheim, im Jahre 1865 mussten die Grubenwässer mittels einer Rösche unter Tage verlegt werden.
Beim Bau einer neuen Brücke, welche die Eisenbahntrasse München – Berlin überspannt, und den alten Ortskern von Stockheim mit der B85 verbindet, stieß man bei Baggerarbeiten auf diese Rösche. Die Baustelle, auf welcher das Bauwerk entdeckt wurde, liegt im Bereich der südlichen Brückenauffahrt, zwischen B85 und der Bahntrasse. Die äußere Mauerschale setzt ca. 1,20 m unter dem heutigen Straßenniveau an.
Die Mauerung wurde aus plattigem Bruchsteinmaterial hergestellt. Die Wasserrösche besitzt eine lichte Höhe von 0,8 – 09 m und eine Breite von 0,95 m. Die Steine, welche für das Firstengewölbe verwendet wurden, weisen eine mittlere Abmessung von 40 X 50 cm auf, wobei die durchschnittliche Materialstärke ca. 5 cm beträgt. Die Mauerung wird durch eine Bindung aus Lehm gehalten. Eine ca. 40 cm breite Baugrube belegt, dass für die Errichtung der Rösche ein Graben ausgehoben wurde, in den dann der Abwasserkanal gesetzt wurde. Auf der Sohle des Grabens hat sich eine dicke ockerfarbene Mineralienschicht abgesetzt. Bei Wolfersdorf, wo eine Brücke über die Haßlach führt, mündet die Stollenrösche in die Haßlach.
Mündung in die Haßlach bei Wolfersdorf
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